Was passiert, wenn eines der S-Bahnwerke aufgrund von Bauarbeiten und Streckensperrungen nicht angefahren werden kann? Werden Reparaturen und Wartungsarbeiten auf einen späteren Zeitpunkt verschoben? Ganz so einfach ist die Lösung nicht. Stattdessen ist eine detaillierte Planung erforderlich, damit alle Züge der S-Bahn Berlin planmäßig instandgehalten werden.

Derzeit ist das Werk Oranienburg von Bauarbeiten im S-Bahnnetz betroffen. Dort und in Birkenwerder werden moderne Stellwerke in Betrieb genommen sowie Gleise erneuert, die Strecke muss für zwölf Wochen gesperrt werden.

Jetzt kommt der S-Bahn Berlin ihr Verbund aus fünf im gesamten Netz verteilten Werken zugute: Bis zum Ende der Bauarbeiten werden die Züge in den S-Bahnwerken Wannsee und Grünau gewartet. Die Mitarbeitenden aus Oranienburg verstärken solange ebenfalls die Instandhaltungsteams der beiden Standorte.

Diese Umverteilung ist mit etwa einem halben Jahr Vorlauf geplant worden. „Dabei haben wir unsere Erfahrungen aus den Baumaßnahmen im vergangenen Jahr berücksichtigt“, sagt Felix Degenkolbe, Leiter der Werke Wannsee und Oranienburg. „Zum Beispiel, dass man nicht alle Fahrzeuge nur nach Wannsee bringen kann, weil das zu viel ist.“

Deshalb habe man sich diesmal für die Verteilung auf zwei Werke entschieden. „Da die Linienführung der S25 und S26 nicht am Werk Wannsee vorbeiführt, ist es effektiver und bindet weniger Ressourcen, die Züge nach Grünau zu bringen“, erläutert Felix Degenkolbe weiter. „Die Züge der Linien S1, S2 und S7 kommen nach Wannsee.“ Trotz der Aufteilung ergebe sich eine zusätzliche Belastung für die Infrastruktur der Werkstätten.

Die Vorplanung für das Ganze passiert in Schöneweide. „Die Kolleginnen und Kollegen dort haben den Überblick, welche Arbeiten zu welchem Zeitpunkt an welchem Fahrzeug fällig werden“, erläutert Gerd Mothes, Steuerungsmeister im Werk Oranienburg. Er zeigt zur Veranschaulichung eine Excel-Tabelle.

„Hier ist aufgeführt, welches Fahrzeug wann in welches Werk kommt. Der Vorlauf beträgt etwa zwei Tage. Ist ein Fahrzeug für ein Werk eingeplant, muss es an diesem Tag bis 24 Uhr vor Ort sein und darf nicht mehr auf der Strecke eingesetzt werden.“

 


Hier wird der Hauptluftabsperrhahn abgesperrt – für die anschließende Kontrolle und Arbeiten an der Kupplung. Foto: Andreas Greif

 

Arbeitslast soll gut verteilt werden

Die Fristen, an die alle Instandhaltungsarbeiten gebunden sind, sind entweder zeit- oder kilometerabhängig und müssen auch ohne das Zutun des Werks Oranienburg vollständig abgearbeitet werden. „Natürlich versuchen wir momentan, die Fristen so weit wie möglich auszureizen, um die Arbeitslast so gut wie möglich zu verteilen“, sagt Felix Degenkolbe.

Damit die Platzkapazitäten aus­reichen, sei eine genaue Planung der einzelnen Arbeiten notwendig, sagt Felix Degenkolbe weiter. „Es ist wichtig, dass die Fahrzeuge nicht länger als unbedingt nötig in der Werkstatt stehen und die frei werdenden Arbeitsstände direkt mit einem Folgefahrzeug belegt werden können.“ Insgesamt seien von der Umverteilung 45 Fahrzeuge der Baureihe 481 betroffen, die ständig im Einsatz sind.

 

Herausforderung für die Mitarbeitenden

In Wannsee und Grünau ist dann Teamarbeit angesagt, egal, von welchem Standort man kommt. „Die Mitarbeitenden aus Oranienburg sind etwa jeweils zur Hälfte auf die Werke in Grünau und Wannsee verteilt“, sagt Felix Degenkolbe. „Die Herausforderung hierbei ist, dass für manche Arbeiten spezielle Qualifikationen notwendig sind – beispielsweise für die Funkinstandhaltung. Da nicht jeder Mitarbeitende alle Qualifikationen besitzt, muss das in den Werken kompensiert und von den Schichtleiterinnen und -leitern gut geplant werden. Aber da helfen wir uns gegenseitig.“

Natürlich sei das für die Mitarbeitenden ebenso eine Herausforderung. „Sie wechseln für ein Vierteljahr ihren Arbeitsplatz“, macht Felix Degenkolbe deutlich. „Grundsätzlich funktioniert aber jedes Werk gleich. Es gibt eine Einweisung in die neuen Örtlichkeiten, aber die Arbeiten, die an den Fahrzeugen der Baureihe 481 durchgeführt werden, sind dieselben.“

 


Ein Mitarbeiter bereitet den Austausch eines Stromabnehmers vor. Foto: Andreas Greif

 

Um die Züge der Berliner S-Bahn regelmäßig warten und bei Bedarf reparieren zu können, braucht es Werke, die an strategischen Punkten im Netz verteilt sind. Die schwere Instandhaltung wird im Werk Schöneweide realisiert, in den Werken in Friedrichsfelde, Wannsee, Grünau, Erkner und Oranienburg die betriebsnahe Instandhaltung. Die Hauptaufgaben der betriebsnahen Instandhaltung umfassen die Durchführung kleinerer und mittlerer Wartungsarbeiten wie die Radsatzbearbeitung, den Tausch von Fahrmotoren und Radsätzen sowie die Beseitigung von Außerplanschäden und Sachbeschädigungen. Im Anschluss an die Instandhaltungsarbeiten werden die Züge im Werk gereinigt.

 

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